Seit meinem letzten Beitrag sind zwei weitere Messstellen in Betrieb gegangen (DE/Eisenberg, DE/Stade). Das habe ich zum Anlass genommen, die Daten etwas genauer zu untersuchen.
Wenn nicht anders angegeben, stammen die hier vorgestellten Ergebnisse vom Samstag, den 16.08.2025. Für die Auswertung kamen Python sowie die Bibliotheken Numpy, Polars, Matplotlib und Seaborn zum Einsatz. Grundlage bildeten die Datenfiles aus dem Archiv von PQopen.
Standardabweichung
Die Standardabweichung der Cycle-by-Cycle gemessenen Frequenzwerte erlaubt Rückschlüsse auf die Qualität der Frequenzmessung (z. B. Jitter) sowie auf Abweichungen durch Rückwirkungen. Um vor allem kurzzeitige Schwankungen sichtbar zu machen, habe ich ein 1-Sekunden-Fenster verwendet.

Visualisieren wir die Verteilung der Standardabweichung als Boxplot, zeigt sich, dass sich die Messstellen in der Kurzzeitbetrachtung klar voneinander unterscheiden.

Power Spectral Density
Ein Blick in den Frequenzbereich offenbart weitere interessante Eigenschaften der Messstellen. Dazu habe ich den Welch-Algorithmus mit einer Fensterbreite von 15 Minuten und einer Segmentlänge von 5000 Werten (= 100 s) angewandt.

AT/Graz | stark verrauschtes Spektrum, vermutlich durch Elektro-Stahlindustrie verursacht |
DE/Stade | tagsüber deutliche Anregungen bei 3–4 Hz scharfe Linie bei 12.5 Hz |
DE/Essen | intermittierende Einflüsse bei 16.7 Hz |
DE/Berlin | eher unauffällig, schwache Linien bei 16.7 Hz und 24 Hz |
CH/Solothurn | scharfe Linie bei 16.7 Hz |
DE/Eisenberg | stark intermittierende Einflüsse bei 16.7 Hz |
Besonders auffällig sind die Einflüsse bei 16.7 Hz (möglicherweise von Warmwasser-Durchlauferhitzern mit Schwingungspaketsteuerung oder Bahnstrom-Umrichtern) sowie das Band zwischen 3–4 Hz. Letzteres habe ich genauer untersucht, da sich Schwingungen in diesem Bereich über weite Strecken ausbreiten können.

Am deutlichsten tritt die Schwingung in DE/Stade (Norddeutschland) und DE/Berlin hervor, während sie in DE/Essen und DE/Eisenberg nur schwach vorhanden ist. In AT/Graz und CH/Solothurn ist sie gar nicht sichtbar.

Exkurs: Genauigkeit der Frequenzmessung
Um sicherzugehen, dass die Daten zwischen den Messstellen vergleichbar sind, habe ich den Mittelwert der Frequenz überprüft.

Berechnet man den „wahren“ Mittelwert der Frequenz, mithilfe an der Anzahl der Nulldurchgänge (=Anzahl der Messwerte in Abbildung oben) beträgt diese (4319930+1) / 86400s = 49.99920 Hz.
Messstation | Mittelwert der Frequenz Hz | Abweichung ppm |
---|---|---|
AT/Graz | 49.99925 | 1.0 |
CH/Solothurn | 49.99923 | 0.6 |
DE/Essen | 49.99919 | -0.2 |
DE/Berlin | 49.99921 | 0.2 |
DE/Stade | 49.99921 | 0.2 |
DE/Eisenberg | 49.99920 | 0.0 |
Fazit
Die Daten der verschiedenen Messstellen liefern spannende Einblicke in die Dynamik des Stromnetzes. Besonders interessant sind die großflächigen Schwingungen im Bereich 3–4 Hz sowie die wiederkehrenden Einflüsse bei 16,7 Hz.
Es macht Freude, sich mit den engagierten Menschen hinter den Messstationen auszutauschen und die Daten für Analysen zu nutzen.
Ich hoffe, dass künftig noch mehr Studierende und Fachleute die öffentlich zugänglichen Daten verwenden, um neue Erkenntnisse über unser vernetztes Energiesystem zu gewinnen.
Die Messdaten der unterschiedlichen Messstellen bieten sehr interessantes Material, um Vorgänge im Netz zu dokumentieren. Es macht viel Freude, sich mit den Menschen hinter den Kulissen (Messstellen) auszutauschen und mit den gewonnenen Daten zu arbeiten.
👉 Die täglichen Datensätze findet ihr unter: https://archive.pqopen.com/daily/
(Hinweis: An einzelnen Tagen kann es durch Wartungsarbeiten zu Lücken in den Daten kommen.)
Euer Michael