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Smart Meter PLC – Störquellen auf der Spur

Vor etwa einem Jahr erzählte mir ein Freund, dass bei einer Bekannten der Wechselrichter ihrer Photovoltaikanlage vom Netzbetreiber stillgelegt wurde – mit der Begründung, er würde die Kommunikation des Smart Meters stören. Dieses Ereignis weckte mein Interesse, tiefer in die Thematik einzutauchen.
Dank eines Prüfprotokolls, das mir freundlicherweise zur Verfügung gestellt wurde, konnte ich erste Einblicke in die relevanten Pegel und Störfrequenzen gewinnen.

Im Bereich der Powerline-Kommunikation (PLC) sind bestimmte EMV-Richtlinien (elektromagnetische Verträglichkeit) maßgeblich, die Grenzwerte für die Emissionspegel festlegen:

  • EN 50065-1 regelt Emissionen im Frequenzbereich von 9 kHz bis 150 kHz.
  • EN 61000-6-3 sowie EN 55032 betreffen den Bereich von 150 kHz bis 500 kHz.
Typische Grenzwerte der erlaubten Störpegel
FrequenzbereichNormGrenzwerte (Quasi-Peak)Anmerkungen
9 kHz – 95 kHzEN 50065-1max. 95 dBµV
(56 mV)
Für spezifizierte Frequenzbänder („Operating Band“)
95 kHz – 148,5 kHzEN 50065-1max. 85 dBµV
(18 mV)
Geringere Grenzwerte im „Non-Operating Band“
150 kHz – 500 kHzEN 61000-6-3max. 66–56 dBµV
(0.6 – 2 mV)
Quasi-Peak, abgesenkt ab 230 kHz linear auf 56 dBµV
150 kHz – 500 kHzEN 55032max. 84–74 dBµV
(5 – 16 mV)
Für kommerzielle IT- und Multimedia-Geräte

In Österreich kommunizieren Smart Meter überwiegend über PLC (Power Line Communication) mit dem sogenannten Gateway, das wiederum über Mobilfunk mit der Datenzentrale des Netz- oder Messstellenbetreibers verbunden ist.
Bei der Energie Steiermark und Energie Graz kommen Smart Meter auf Basis der G3-PLC Spezifikation zum Einsatz, wobei hauptsächlich das FCC-Band (Frequenzen über 150 kHz) genutzt wird.

In diesem relativ hochfrequenten Bereich auf der Netzleitung bewegen sich die Signalpegel typischerweise im Bereich weniger Millivolt. Um diese schwachen Signale präzise messen zu können, benötigt man entweder ein sehr hochauflösendes Messsystem oder setzt gezielt Filtertechnik ein, um niederfrequente Netzanteile (50 Hz) und deren Oberschwingungen herauszufiltern – und sich damit auf die tatsächlich interessierenden Frequenzbereiche zu konzentrieren.

Verwendete Messtechnik

Für die Messungen verwende ich das DaqOpen Grundsystem, das ich hier näher vorgestellt habe. Dieses habe ich mit einer Aufsteckplatine erweitert, auf der ein aktives Hochpassfilter zweiter Ordnung integriert ist.
Das Filter besitzt eine -3 dB Grenzfrequenz von 10 kHz. Bei der Auslegung mussten besonders die Spannungsfestigkeit der Bauteile – insbesondere der Kondensatoren – sowie der Schutz der ADC-Eingänge berücksichtigt werden. Dazu setze ich Clamping-Dioden ein, um Spannungsspitzen beim Anstecken an die Netzleitung sicher abzufangen.

Eine zusätzliche Signalaufbereitung (z.B. Anti-Aliasing-Filter) ist für diese Experimente nicht zwingend erforderlich, da keine relevanten Signalanteile über 500 kHz erwartet werden. Der Eingang des verwendeten Arduino Due eignet sich sehr gut für den erforderlichen Messbereich.

Der resultierende Messbereich liegt bei etwa ±2 V, was einer Dynamik von etwa 125 dBµV entspricht. Der typische Rauschpegel (Noise Floor) des Systems liegt bei rund 40 dBµV, entsprechend etwa 0,1 mVrms.

Wichtig: Bei der Durchführung der Messung ist es aus Sicherheitsgründen notwendig, alle Teile vor Berührung zu schützen, da die Eingangsstufe niederohmig ist und somit zu hohen Berührungsspannungen führen könnte. Das habe ich durch folgenden Aufbau gelöst:

Versuche und Erfahrungen

Sobald der Messaufbau stand, mussten natürlich gleich erste Erfahrungen gesammelt werden. Dazu habe ich den Messeingang mit der Steckdose bei mir im Büro verbunden. Ich war erstaunt, was ich zu sehen bekam. Im Zeitbereich hat das Signal so ausgesehen:

Eine Störquelle bei ca. 70 kHz: Das kann ein Netzgerät sein. Nachdem ich den PC ausgeschaltet habe, ist die Störung verschwunden:

Noch eindeutiger wird es, wenn wir uns den Zeitraum beim Ausschalten des PCs ansehen. Dazu habe ich ein Spektrogramm mit einer Frequenzauflösung von 1 kHz über den Zeitraum von 1 Sekunde erstellt:

Eindeutig lässt sich damit feststellen, dass das PC-Netzteil (in SFX Bauform) die Störquelle ist. Der hohe Störpegel entsteht hauptsächlich durch die Active-PLC Einheit, die dafür verantwortlich ist, dass die Takte des Schaltreglers stärker auf den Netzanschluss durchgreifen als reine Gleichrichter-Eingänge.

Exkurs: Schaltnetzteil

Ein modernes PC-Netzteil ist getaktet aufgebaut und nutzt mehrere Stufen zur Energieumwandlung. Der typische Aufbau sieht so aus:

  1. EMV-Filter
    Direkt hinter dem Netzeingang (230V AC) sitzt ein Netzfilter (meist mit Drosseln und Kondensatoren), der hochfrequente Störungen dämpfen soll, sowohl von außen als auch aus dem Netzteil heraus.
  2. Gleichrichtung
    Der Wechselstrom wird durch einen Brückengleichrichter (4 Dioden) in pulsierenden Gleichstrom umgewandelt.
  3. Active PFC (Power Factor Correction)
    Hinter der Gleichrichtung wird ein Schaltregler eingesetzt, der die Stromaufnahme so steuert, dass sie möglichst sinusförmig und in Phase mit der Netzspannung verläuft (hoher Leistungsfaktor, kleine Blindleistung).
    Boost-PFC (klassisch): Nach dem Gleichrichter hebt ein Aufwärtswandler („Boost Converter“) die Spannung auf ca. 380–400V DC an.
    Totem-Pole PFC (modern, effizienter): Eine Halbbrückenschaltung mit schnellen Schaltern (z.B. GaN-FETs) ersetzt den klassischen Brückengleichrichter weitgehend.
  4. DC/DC-Wandler
    Danach erfolgt die eigentliche Hochfrequenz-Wandlung auf die benötigten Ausgangsspannungen (z.B. 12V, 5V, 3,3V) über weitere Schaltregler (Flyback, Forward, LLC-Resonanzwandler etc.).

Interessanter Link für detaillierte Infos: https://www.digikey.de/de/articles/when-and-how-to-use-bridgeless-totem-pole-power-factor-correction

Detailanalyse der Kurvenform von Strom und Spannung

Messen wir nun die Spannungs- und Stromkurvenform, um ein ganzheitliches Bild des Verbrauchers zu bekommen. Dafür habe ich ein PQopen-Messgerät für höhere Bandbreite modifiziert und den Strommessbereich angepasst. Damit können mit einem Spannungs- und einem Stromkanal jeweils 500 kS/s erreicht werden bei einer Bandbreite von ca. 100 kHz. Dabei wurde die Netzspannung direkt (also ohne Hochpassfilter) gemessen.

Sogar bei der Messung ohne Hochpassfilter und damit der ganzen Netzspannung lässt sich der Pegel in der FFT eindeutig zuordnen. Im Strom (der ja die Ursache für die Rückwirkung auf die Spannung ist) ist der Frequenzanteil und die Amplitude auch im Zeitbereich gut erkennbar.

Die Überlagerte hochfrequente Schwingung kann im Stromsignal auch im Zeitbereich gut erfasst werden:

Berechnet man sich nun die Impedanz des Spektralanteils, lässt sich feststellen, dass diese 10 Ohm und mehr beträgt. Das bedeutet, dass die Netzimpedanz in diesem Frequenzbereich höher ist (ca. 0.2-0.5 bei 50 Hz), und die Spannung damit noch empfindlicher auf den Strom reagiert. Einige mA reichen aus, um die weitreichenden Effekte wahrzunehmen.

Fazit

Auch wenn dieser exemplarische Verbraucher keine Emissionen im FCC Band verursacht hat, gibt es viele potentielle Störquellen da draußen. Die Limits liegen sehr niedrig, da die PLC-Kommunikation einen gewissen SNR benötigt, um störungsfrei kommunizieren zu können.

Anhand der praktischen Messungen ließ sich eindeutig nachweisen, dass der PC mit SFX-Netzteil eine große Störquelle im CENELEC-A-Band ist. Besonders eindrucksvoll war dies im Spektrogramm zu erkennen, wo die Emissionen beim Abschalten des PCs sofort verschwanden. Auch die Detailanalyse von Strom- und Spannungskurven bestätigte, dass bereits geringe hochfrequente Ströme von wenigen Milliampere ausreichen, um messbare Störungen im Netz hervorzurufen – begünstigt durch die erhöhte Netzimpedanz im hohen kHz-Bereich.

Für Entwickler und Betreiber von Smart Meter Infrastruktur ist es essenziell, die potentiellen Störquellen im Umfeld zu identifizieren und geeignete Gegenmaßnahmen – etwa durch Filterung oder spezifisches Netzqualitätsmonitoring – zu ergreifen.

Abschließend zeigt sich: Es benötigt keine teure und spezielle Messtechnik, um ein Monitoring der Spannungsqualität auch im hohen Frequenzbereich durchzuführen. Mit Komponenten die weniger als 100 € Kosten, konnte ich hochqualitative Messungen durchführen.

Euer Michael

1 Gedanke zu „Smart Meter PLC – Störquellen auf der Spur“

  1. Guter Beitrag!
    Ich habe ebenfalls in meinem Büro als Last 6 verschiedene Smart-Meter mitlaufen lassen. Je nach Zählerhersteller schon im kl Lastbereich erhebliche Abweichungen.

    Das Thema EMV in Gebäude habe ich mit eigenen Erfahrungswerten als Sachverständiger in 50 PDF-Kapiteln
    Als Selbst-Studien-Skript herausgegeben, damit die Probleme der frequenzbehafteten Rückleiterströme auf dem Erdungssystem veröffentlicht werden.
    Das Interesse der Fachkollegen ist extrem gering.Nut 120 Kollegen machen mit, obwohl ich nur einen Anerkennungspreis von 25€ dafür erhebe.

    Es will sich kaum jemand mit dem wichtigen Thema der Umrichter u deren Rückwirkungen beschäftigen.

    Erst Großereignisse, wie in Spanien erzeugen Aufmerksamkeit.

    Mit freundlichen Grüßen KH Otto

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